Analyse der Teilnehmerzahlen Legida und NoLegida am 07.03.2016 in Leipzig

Am 07.03.2017 versammelte sich zum 33. Mal das Protestbündnis Legida zu einer Auftaktkundgebung auf dem Richard-Wagner-Platz in Leipzig  mit anschließendem Marsch über den Goerdelerring, Dittrichring, Martin-Luther-Ring, vorbei an der Lotterstraße bis zum neuen Rathaus und zurück. Zugleich formierte sich im Vorfeld zu dieser Demonstration ein größerer Gegenprotest.

Zwischen 1650 bis 2500 bei Gegenprotest unterwegs

Im Vorfeld der Legida-Demo rief die Global Space Odyssey (GSO) in Leipzig für 17 Uhr zu einem Protestzug unter dem Motto „No Bassarán! 2016 – Szene zeigen gegen Rechts“ vom Lindenauer Markt aus in die Leipziger Innenstadt auf. Nach einiger zeitlichen Verzögerung setzte sich gegen 17:50 Uhr der Protestzug in Bewegung. Eine stationäre Zählung auf Höhe der Kuhturmstr. (18:00 Uhr) lieferte ein Resultat von 410 (Zähler A) bzw. 432 (Zähler B). Da der Demozug weiteren Zulauf erhielt, wiederholten wir die Zählungen, indem wir den Demozug von hinten nach vorn durchzählten mit Ergebnis 485 (Zähler A) und 556 (Zähler B). Wir wiederholten diese Zählung mit einem Ergebnis von 431(Zähler A) und 529 (Zähler B). Auf Höhe des Waldplatz trennte sich eine kleinere Gruppe von Demonstranten ab. Auf Höhe der sächsischen Akademie der Wissenschaften führten wir eine weitere stationäre Zählung durch mit dem Ergebnis 401 (Zähler A) und 556 (Zähler B)  durch. Die teils abweichenden Zählergebnisse zeigen eine geringe Interrater-Reliabilität auf, was auf einen deutlichen Unterschied bei der Zähltechnik zwischen beiden Zählern hinweist.

Auf Basis dieser Resultate gaben wir folgende Schätzung ab.

Bei unserer letzten Zählung auf Höhe der sächsischen Akademie der Wissenschaften erstellten wir folgendes Video, welches wir nachträglich auswerteten:

Die Auswertung ergab eine Anzahl von 444, was die Ergebnisse des Zählers A als wesentlich reliabler als die des anderen Zählers B herausstellt.

Eine grafische Auswertung der Markierungsdaten liefert das folgende Personenstrom-Diagramm.

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Personenstrom des Demozuges von GSO Grafik: Forschungsgruppe Durchgezählt

Unter Berücksichtung unserer vorliegenden Daten und möglicher Auswertungsfehler, erscheint es somit als sicher, dass zwischen 440 bis 480 Personen am Demozug der GSO teilnahmen.

 

Zeitgleich zur Veranstaltung der GSO sammelten sich gegen 18 Uhr auf dem Augustusplatz weitere Gegendemonstranten, welche dem Aufruf des Aktionsnetzwerks „Leipzig nimmt Platz“ unter dem Motto „Für einen grenzenlosen queeren Feminismus – Sexismus angreifen!“  folgten.

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Sammlung der Teilnehmer am Demozug von „Leipzig nimmt Platz“ auf dem Augustusplatz Bild: Forschungsgruppe Durchgezählt

Eine direkte Zählung der dort versammelten Menge gegen 18:15 lieferte ein Ergebnis von 791 (Zähler C) , 780 (Zähler D) bzw. 581 (Zähler E), wobei weiterer Zulauf zu verzeichnen war und die Menge schwer zu erfassen war.

Nach Start des Demozuges gegen 18:30 führten wir eine Reihenzählung durch: Zähler C ermittelte 183 Reihen, wobei Zähler E eine mittlere Reihenstärke von 6.87 Personen pro Reihe ermittelte, was einer hochgerechneten Anzahl von 1257 Personen entspricht. Da uns dieses Ergebnis ein wenig zu hoch erschien (siehe Zählung Platz) bzw. die Reihenzählmethode aufgrund unserer bisherigen Erfahrung weniger verlässlich ist, nahmen wir eine weitere Direktzählung mit Resultat 1129 (Zähler C), 1145 (Zähler E) und 1060 (Zähler F) vor.

Auf Basis dieser Zahlen gaben wir die folgende Schätzung ab:

Auf Höhe der Oper nahmen wir das folgende Video auf, welches wir nachträglich auswerteten:

Die Auswertung lieferte ein Resultat von 1088 und folgendes Personstrom-Diagramm.

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Personenstrom des Demozuges von „Leipzig nimmt Platz“ Grafik: Forschungsgruppe Durchgezählt

Basierend auf diesen Daten erscheint es als sicher, dass zwischen 1080 – 1150 Menschen  am Demozug teilnahmen.

Berücksichtigt man die Zahlen beider Demozüge, so lässt sich sicher sagen, dass wenigsten 1520 Personen an beiden Demozügen teilnahmen.

Die Teilnehmer beider Demozüge verteilten sich nach Beendigung ihrer Märsche an verschiedenen Stellen wie der Hain-Spitze, Thomaskirchhof, Gördelerer-Ring usw., wo sich auch schon weitere Gegendemonstranten aufhielten.

Um nun aber wenigsten eine etwaige Vermutung über die tatsächliche Zahl der Teilnehmer an diesem eher dezentralen Gegenprotest zu erhalten, setzten wir wieder ein capture-recapture-Verfahren ein:

  1. An der Hain-Spitze, wo sich ein wesentlicher Teil der Demonstranten aufhielt, fragten wir gegen 19:30 Uhr 105 zufällig ausgewählte Personen, ob diese am Demozug des Bündnisses „Leipzig nimmt Platz“ teilnahmen. 56 Personen bejahten diese Frage, d.h. 53.3 % der Befragten nahmen am Demozug teil.
  2. Geht man in einem ersten Schritt davon aus, dass in etwa 90% der Teilnehmer des Demozuges tatsächlich noch vor Ort waren, also in etwa 970 bis  1035, so entspricht dieser einer naiven Punktschätzung von etwa 1819 bis 1940.
  3. Ein entsprechendes Bayesches Modell mit geeigneten Modellannahmen liefert dann ein 95%-Schätzintervall von [1671,2468].

Basierend auf unseren Daten und dem verwendeten capture-recapture-Verfahren bzw. dessen Annahmen, lässt sich mit gewisser Sicherheit sagen, dass vermutlich zwischen 1650-2500 Menschen am dezentralen Gegenprotest vor Ort teilnahmen.

Zwischen 900 bis 1000 Teilnehmer bei Legida

Das Protestbündnis Legida rief für 19 Uhr zu einer Auftaktkundgebung auf dem Richard-Wagner-Platz auf, wobei zugleich auch das Bündnis Pegida aus Dresden zur Teilnahme in Leipzig aufrief.

Gegen 19:35  nahmen wir die folgende erste Flächenschätzung vor.

Flächenschätzung für die Auftaktkundgebung der Legida auf dem Richard-Wagner-Platz gegen 19:35 Bild: Google Bearbeitung: Forschungsgruppe Durchgezählt
Flächenschätzung für die Auftaktkundgebung der Legida auf dem Richard-Wagner-Platz gegen 19:35 Bild: Google Bearbeitung: Forschungsgruppe Durchgezählt

Die Personedichte wurde dabei mit 0.8 bis 1.2 Personen pro qm eingeschätzt, was in etwa auf 560 bis 840 Teilnehmer schließen lässt, wobei hier zu berücksichtigen ist, dass sich viele kleinere und vereinzelte Gruppen von Menschen am Rande des Kungebungsgeländes aufhielten und auch noch vereinzelt weitere Demonstranten auf dem Platz eintrafen.

Gegen 20 Uhr formierte sich der Demozug und wir nahmen beim Verlassen des Platzes eine erste stationäre Zählung des Zuges mit Ergebnis 636 (Zähler B) und 736 (Zähler F) vor. Beide Zähler schätzten die Resultate als viel zu niedrig ein, da die Menschen teils sehr dicht gedrängt an ihnen vorbeizogen, sodass viele nicht erfasst werden konnten. Wir wiederholten daher den Versuch auf Höhe des Schauspiel Leipzig mit Ergebnis 731 (Zähler B) und 1020 (Zähler F). Hier stellte sich uns die Schwierigkeit, dass der Demozug über die volle Breite des Leipziger Rings lief, sodass wir auch diese Zählung als weniger valide betrachteten.

Wir unternahmen weitere Anläufe für eine Zählung an besserer Stelle, mussten es aber auf der Demoroute letztlich bei einer Wiederholung unserer Zählung am Schauspiel mit Ergebnis 833 (Zähler B) und 915 (Zähler F) bei Rückkehr des Demozuges belassen. Erst bei der Ankunft des Demozuges auf den Richard-Wagner-Platz gelang uns an einer geeigneten Engstelle eine Zählung mit Resultat 926 (Zähler B) und 873 (Zähler F).

Basierend auf diesen Daten gaben wir eine erste Schätzung ab:

Auf Höhe des Schauspiel Leipzig nahmen wir das folgende Video auf, welches wir nachträglich auswerteten.

Unsere Auswertung lieferte ein Resultat von 921 und folgendes zugehörige  Personenstrom-Diagramm:

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Personenstrom des Demozuges von Legida Grafik: Forschungsgruppe Durchgezählt

Basierend auf unseren Daten erscheint es somit als sicher, dass zwischen 920 bis 1000 Personen teilnahmen.

4 Kommentare zu „Analyse der Teilnehmerzahlen Legida und NoLegida am 07.03.2016 in Leipzig

  1. vielen Dank für eure Mühen! Es ist sehr wichtig das weiterhin zu machen um die anfangs sehr falschen Zahlen der Polizei zu widerlegen. Denn wachsende Teilnehmerzahlen (selbst wenn sie nicht stimmen) bewirken, dass noch mehr Menschen sich vom „Erfolg“ der Legida Demonstrationen angezogen und bestätigt fühlen. Dank Durchgezählt gibt es aber ein realistisches Bild dieser „Volksbewegung“. Weiter so.

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  2. Schätzen ist richtig gesagt. Pi mal Daumen und die Teilnehmerzahlen immer schön nach unten manipulieren. Sowas hat mit Wissenschaft nichts zu tun, schlimm genug, dass dieses Wort von Ihnen überhaupt in den Mund genommen wird.

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  3. LEGIDA und PEGIDA Marschierer tun mir leid

    es sind die Versager und die Abgehängten der Gesellschaft.

    Helmut Kohl hat ihnen viel versprochen aber nun haben sie keine Industrie und keine Jobs.

    Das ist sehr ärgerlich und selbst im relativ noblen Leipzig ist dies leider der Fall

    und in einem Bundesland wo es nur 1 Prozent Muslime gibt das macht die Sache noch lächerlicher.

    Aber sollen sie ruhig AFD wählen. Sie werden ihr blaues Wunder noch erleben

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